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High Potentials, Volleyball und Satzungsschreiben

Eine persönliche Reflexion zum 10-jährigen Jubiläum der CSP-Alumni-Vereins-Gründung

Tobias Denkus, Malmö

Natürlich ist das Interview, das Jennifer Eggert mit Uli Jürgensen und Sascha Knöpfel zum Vereins-Jubiläum geführt hat, eine bessere Anlaufstelle, um ernsthaft etwas über die Gründungsgeschichte zu erfahren, aber als einer der ‘Lobetal 13’, wie die Gründungsgruppe im Geheimen genannt wird, möchte ich noch ein paar ganz persönliche Eindrücke anbieten. Ich will hier keine “Opa erzählt von früher wo alles besser war und man mit 5 DM durchs Land reisen konnte”-Geschichte erzählen. Aber ein kurzer, persönlicher Rückblick ergänzt das Interview, hoffe ich.

Stipendiat des 2. Jahrgangs

Als Stipendiat des 2. Jahrgangs (beim UNDP Nepal) und Vereins-Gründungsmitglied befindet man sich ja irgendwo zwischen Muppet-Show-Loge, Totalromantisierung, kritischer Distanz und einem Lebensabschnitt, wo Kinder-Bilder die Party-Pics in der Facebook-Timeline langsam ablösen. Aber mal der Reihe nach:

Damals, vor der Zeit Internet-gestützter Großnetzwerk

Meine Studienzeit lag voll im High-Potential-, Networking-Trend als Vereine, Netzwerke und Programme von Stiftungen quasi wie Pilze aus dem Boden schossen (E-Fellows anyone?!). Das war aber noch vor der Zeit Internet-gestützter Groß-Netzwerke, als Menschen noch @t-online.de-Email-Adressen hatten… Kurzum: Im Dunstkreis von Stiftungen, (stark Alt-Herren-geprägten) Vereinen und sonstigen 1.0-Akteuren wurde die Generation 1.5 heftig umworben (full disclosure: Ich habe sogar mal an einem Recruiting-Event einer Unternehmensberatung in Italien beigewohnt, weil die ja total vielfältig aufgestellt waren, und Friedensforscher ganz spannend fanden – bis zu einem Gespräch in München, wo ich irgendeine case study über Brötchen schwer verhauen habe).

Kein “Grassroots”-Gründermythos…

Aber ich schweife ein bisschen ab. Aber eigentlich auch wieder nicht, denn die Gruppe die sich Anfang Mai 2003 in der Hoffnungstaler Stiftung in Lobetal bei Berlin zusammen traf, war natürlich bereits durch Studienstiftung, politische Stiftungen, DAAD und das Netzwerk der Freunde und Förderer entsprechend sozialisiert. Das ist ja auch nicht weiter schlimm, aber es gibt jetzt auch keinen “Grassroots”-Gründermythos.

…aber auch keine reine Karriere-Fokussiertheit

Auf der anderen Seite waren CSP-Programm und –Verein jetzt auch keine Tummelplätze für einen ganz bestimmten Typus von rein Karriere-fokussierten Leuten, denn dafür ist das Programm zu breit aufgestellt. Das macht auch heute noch Lust auf Treffen und es ist sicher kein Zufall, dass ich mich auch heute noch für CSP engagiere.

Gründungsarbeit irgendwo im Grünen

Lobetal also. Vielleicht kommt man da heute besser hin, aber vor 10 Jahren war das ein ÖPNV-Albtraum. Man kann also auch nicht so leicht weg und die Atmosphäre ist eher Jugendherberge als Tagungshotel. Um mal die historische Brechstange anzusetzen: So ein ganz kleines bisschen ist Vereins-Gründung (also Satzung schreiben, Inhalte diskutieren, Namen finden etc.) schon politische Gründungsarbeit im Carlo Schmid’schen Sinne und wir waren eine ziemlich entspannte und kollegiale Gruppe.

Für 10 Jahre hat keiner geplant

Wie das ja meistens ist, hat – glaube ich – keiner für 10 Jahre geplant. Es war also Zeit und Raum für Volleyball-Spiele und den Verzehr alkoholischer Getränke am See (für die jüngeren Leser: das war vor der Zeit von Smart-Phones und Handy-Kameras, so dass keine belastenden Fotos existieren) – also eher “CSP-Verfassungs-hack day” als die ernste Ausarbeitung eines policy papers, an denen ich viel zu oft in anderen Kontexten mitgewurschtelt habe.

10 Jahre später

Was bleibt also 10 Jahre später? Zunächst mal die Erkenntnis, dass es immer noch gute freundschaftliche Beziehungen mit vielen Gründungsmitgliedern gibt. Und das, obwohl sich die Karrierewege doch sehr stark unterscheiden – andererseits habe ich in Lobetal z.B. auch einen Kollegen getroffen und wir schreiben heute zusammen wissenschaftliche Publikationen.

Ein gut funktionierendes Netzwerk – bis heute

Diese gute Mischung aus Distanz und Gemeinsamkeiten hat sich für mich bis heute bei CSP so gut bewährt wie in keinem anderen Netzwerk. Klar, ich arbeite zu Entwicklung, Frieden und Kommunikation und stecke täglich in der Kernthematik des Netzwerks drin. Aber das allein ist es nicht. Manchmal funktionieren Netzwerke eben besser als andere. Denn wie schon Carlo Schmid sagte… nee, also in so einen Keynote-Sprech möchte ich dann doch nicht verfallen… 😉

Tobias Denskus ist Senior Lecturer in Communication for Development an der Universität Malmö in Schweden und bloggt als Aidnography.

Happy birthday! 10 Jahre CSP-Netzwerk

Unglaublich aber wahr: Das CSP-Netzwerk wird heute zehn Jahre alt!

Vor 10 Jahren: Carlo-Schmid-Alumni gründen das Netzwerk

Vor zehn Jahren wurde der Verein, der sich zum Ziel gesetzt hat, ein Forum für internationale Fragen zu bieten, Interessenten über einer Karriere in internationalen Institutionen zu informieren und die Vernetzung von ehemaligen Carlo-Schmid-Stipendiaten und Partnern zu fördern, in Berlin gegründet. In der Zwischenzeit umfasst das Alumni-Netzwerk 500 Mitglieder in mehr als 25 Ländern – die alle verbindet, dass sie als Deutsche ein vom Carlo-Schmid-Programm gefördertes Praktikum in internationalen und europäischen Organisationen absolviert haben.

Austausch, Vernetzung, Diskussion

Neben Veranstaltungen zu Fragen der internationalen Politik und Zusammenarbeit finden regelmäßig Mitgliedertreffen statt, die Raum zum Austausch, zur Vernetzung und zur Diskussion aktueller internationaler Themen bieten. Das Intranet ermöglicht, mit anderen Alumnis in Kontakt zu treten und im Rahmen von Mentoren-Verbindungen unterstützen ehemalige Netzwerkler, die die frisch dazugekommen sind.

Wer steht hinter dem Netzwerk?

Was sind das für Leute, die sich im Netzwerk engagieren? Wie ging damals bei ihnen alles los und was machen sie heute? Weshalb haben sie sich nach dem Ende des Carlo-Schmid-Programms dafür entschieden, sich weiter für das Netzwerk zu engagieren? Und was genau macht das Netzwerk?

Alter Hase – und neu dabei

Ich habe mich mit Ulrich Jürgensen, einem Netzwerkler und Vorstandsmitglied der ersten Stunde, und Sascha Knöpfel, der letztes Jahr sein Praktikum beendete und im derzeitigen Vorstand mitmischt, unterhalten.

1) Wo und wann warst du mit dem Carlo-Schmid-Programm im Ausland?

Ulrich: Ich war im zweiten Jahrgang des Carlo-Schmid-Programms (2002/2003) fünf Monate in Brüssel Stagiaire im Kabinett der damaligen EU-Kommissarin Schreyer. In den ersten Jahrgängen war es noch möglich, wenn man erfolgreich am regulären Auswahlverfahren der EU-Kommission teilgenommen hatte, sich parallel um eine ergänzende Förderung in der Programmlinie A des Carlo-Schmid-Programms zu bewerben.

Sascha: Ich war im elften Jahrgang, das war das Jahr 2011/2012, mit dem CSP bei der NATO. Ich habe direkt im Hauptquatier in Brüssel gearbeitet und war dort in der Sektion für Raketenabwehr tätig.

2) Was machst du jetzt?

Ulrich: Ich bin seit einem Jahr Referent im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Spätestens seit dem CSP-Praktikum hatte ich vorgehabt, an der Schnittstelle zwischen deutschen Ministerien und europäischen bzw. internationalen Institutionen zu arbeiten. Auch wenn ich noch nicht in der Abteilung Europa / Internationales arbeite und auch nicht unmittelbar dort arbeiten werde, ist doch die Möglichkeit mittlerweile real.

Mein langer Umweg führt mich über einen gescheiterten Promotionsversuch, das juristische Referendariat mit vielen europalastigen Stationen, Mitarbeit bei Immobilien Due Diligences zur Leitung einer Kontaktstelle beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag zu Produkt- und Markenpiraterie aus China und mehreren Jahre in der Verwaltung verschiedener Forschungseinrichtungen: Irgendwie sind alle Stationen aus sich heraus erklärbar, und die Erfahrungen ergänzen sich wirklich gut, finde ich. Aber trotz allem guten Willen mir selbst gegenüber ist eine gerade Linie nicht unbedingt auf den ersten Blick erkennbar.

Sascha: Nach dem Ende meiner Zeit in Brüssel habe ich meine Promotion angefangen. Ich bin derzeit am Centre for Science and Security Studies am King’s College in London und schreibe zum Thema nukleare Abrüstung. Das Interesse an der Sicherheitspolitik hält, wie man sieht, also weiter an.

3) Weshalb hast du dich dafür entschieden, dich nach deiner Zeit als Carlo-Schmid-Stipendiat im Netzwerk zu engagieren?

Ulrich: Mir fallen drei Gründe ein: Ein Alumni-Verein ist für das CSP wirklich sinnvoll; ich hatte viele Vorerfahrungen und Lust, sie zu nutzen; mit so tollen Leuten wollte ich ganz egoistisch in Kontakt bleiben.

Ich fand zunächst die Idee der Stipendiaten unmittelbar einleuchtend, dass das Programm nur dann wirklich seine Wirkung entfalten kann, wenn man als Stipendiat im Anschluss auch vereinfachten Zugang zu den Erfahrungen der anderen Praktikanten haben kann, insbesondere wenn zu einem späteren Zeitpunkt auch Ehemalige dazukommen würden, die in den verschiedenen Bereichen tatsächlich beschäftigt sind.

Außerdem hatte ich einige Erfahrungen als Freiwilliger im deutsch-amerikanischen Jugendaustausch, als ehemaliger FES-Stipendiat, beim Studentenforum des Tönissteiner Kreises und nicht zuletzt als Jurist gemacht, die mir Ideen für und Lust auf die anstehende Aufgabe machten, ein lebendiges Netzwerk mitzugestalten.

Das wichtigste für mich, wie fast immer, wenn ich mich irgendwo engagiert habe, war jedoch, dass ich beim CSP viele interessante, intelligente und zudem anderen zugewandte junge Menschen kennengelernt habe, mit denen ich ganz egoistisch in Kontakt bleiben wollte.

Sascha: Ich denke grundlegend war, dass ich gesellschaftlich aktiv werden wollte, gerne auch ehrenamtlich. Die Mitarbeit im CSP-Netzwerk war hier eine gute und naheliegende Möglichkeit. Ich hatte Erfahrung im und mit dem Programm und fühlte mich im Bereich der Internationalen Zusammenarbeit wohl. Nicht zuletzt spielten wohl auch die guten Beziehungen mit anderen Stipendiaten eine Rolle.

4) Wie würdest du jemandem, der noch nie vom CSP-Netzwerk gehört hat, kurz erklären, um was es geht?

Ulrich: Ein inhaltlich-sachlicher Versuch: Vielseitige und interessante Menschen werden von DAAD und Studienstiftung gefördert, um bei internationalen Organisationen im weitesten Sinne Praxiserfahrung zu sammeln – das Netzwerk verknüpft sie miteinander und mit allen Ehemaligen. So können Erfahrungen ausgetauscht, aber vielleicht auch allgemeine Trends und Themen kritisch hinterfragt und diskutiert werden.

Ein sehr persönlicher Versuch: Ich habe das CSP-Netzwerk in meiner aktiven Zeit als Verein mit ausnahmslos interessanten Persönlichkeiten erfahren, in dem es in jeglicher Konstellation immer wieder Spannendes zu erfahren gibt, und in dem nicht lamentiert wird, sondern in achtsamer, kooperativer und konstruktiver Weise quasi aus dem Nichts immer wieder Großartiges entwickelt werden kann. Das war eine einzigartige Erfahrung.

Sascha: Das CSP-Netzwerk ist der offizielle Alumni-Verein des Carlo-Schmid-Programms. Als solcher vernetzen wir ehemalige CSP’ler und fördern den Kontakt und Synergien untereinander, ähnlich wie das auch andere Alumni-Werke tun.

5) Wenn du auf deine Zeit als Netzwerkler zurückblickst: Gibt es ein Highlight dieser Zeit? Was war schwierig?

Ulrich: Ganz klar: Das erste Herbsttreffen! Man muss schon sagen, dass sich unsere vorangegangene wirklich intensive Debatte gelohnt hat, wie ein großes gemeinsames jährliches Treffen aussehen müsste (das „Big Event“ hieß es in der Planung). Es sollten ja auch in den Folgejahren viele kommen. Und das erste Herbsttreffen war sowohl inhaltlich als auch in seinen Rahmenbedingungen wirklich spektakulär. Viele Fotos schmücken noch unsere Homepage.

Doch davor war Krise. Das stark auf Nationbuilding und Irak fokussierte thematische Konzept schien nicht sauber aufzugehen und wurde zunächst stark hinterfragt. Nach heißen Verteilerdebatten konnten wir uns auf eine inhaltliche Öffnung einigen. Noch größer waren die finanziellen Schwierigkeiten. Es war unklar, wie wir das Treffen stemmen sollten. Doch aufgrund von kurzfristig frei werdenden Mitteln konnte uns der DAAD in quasi letzter Minute großzügig helfen, unsere Ideen vollständig umzusetzen.

Mühe und Glück hatten also einen gleich großen Anteil.

Sascha: Die mehrmals im Jahr stattfindenden Treffen des Netzwerks waren alle auf ihre Weise Highlights füer mich. Obwohl es schwer ist, hier einzelne herauszupicken, war eine Zusammenkunft im Sommer 2012 in Berlin – bei strahlendem Sonnenschein, direkt am Wasser, und mit sehr interessanten Leuten – eine besonders schöne Erfahrung. Eine der Hauptschwierigkeiten ist, sich diese und die vielen weiteren guten Erfahrungen und resultierenden Bekanntschaften zu erhalten. Zum Glück hilft bei der Bewältigung dieser Herausforderung das Netzwerk selbst kräftig mit.

Interview: Jennifer Eggert