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Auf Dienstreise

Jennifer Eggert, Wien

Dienstagabend, zehn Uhr. Endlich schläft das Kind. Ich bin so müde, dass ich mich gerade daneben legen könnte, aber ich habe noch einiges vor. Morgen mittag fahren Malik, ein Kollege, und ich zu einer Konferenz nach Warschau und ich habe noch nicht gepackt.

Eine der Institutionen der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) ist ODIHR, das Office for Democratic Institutions and Human Rights. ODIHR sitzt in Warschau, das Generalsekretariat der OSZE, in dem ich mein Praktikum mache, in Wien.

Als ich mein Praktikum begonnen habe, war die andere Praktikantin, die nach vier Monaten Praktikum im Generalsekretariat kurz davor war, wieder nach Hause zu fahren, gerade mit Malik auf einer Konferenz in Taschikistan. Mensch, wäre ich auch gerne nach Taschikistan!! Dass ich meiner Tochter eine Woche Trennung von Mama (ich bin dann mal kurz weg…) nicht zumuten konnte, war klar.

Während meines Einführungsgesprächs meinte Marco, mein Mentor, dann auch, dass es vorkäme, dass sie ihre Praktikanten zu einer Konferenz ins Ausland schicken, aber dass ich mir (er wusste ja von meiner Tochter) keine Sorgen machen solle, es bestünde da ihrerseits keinerlei Erwartungshaltung, kein Druck.

Genau das hat Malik dann letzte Woche auch wieder gesagt: Es bestünde die Möglichkeit, dass ich ihn für zweieinhalb Tage zu einer Konferenz nach Warschau begleiten könnte. Falls ich es arrangieren könnte, Sofia in der Zeit betreuen zu lassen, könne ich mit, aber: kein Druck! Ich habe versprochen, ihm am nächsten Tag Bescheid zu geben; fünf Minuten später habe ich damit begonnen, im Kopf virtuelle Listen zu erstellen (was muss getan werden? von wem? wie? wann? was ist Plan B? C?) und am nächsten Tag konnte ich ihm zusagen.

Sofia ist sowieso von morgens um acht oder neun bis abends um sechs im Kindergarten. Ich brauchte also nur jemanden, der sie morgens hinbringt, abends wieder abholt, mit ihr essen geht, sie den Abend über im Auge behält und schließlich ins Bett bringt. Die Nacht, das war mir klar, würde das größte Problem werden. Sie ist es nicht gewöhnt, ohne mich einzuschlafen. Ich war zwar schon ein paar Mal (einmal sogar drei Nächte lang) weg, aber da war sie immer entweder bei meinem Mann oder bei meiner Mutter. Die Freunde, bei denen sie diesmal bleiben wird, kennt sie sehr gut und war auch schon oft bei ihnen. Aber…

Sofia schläft, vier Freundinnen von mir sind engagiert, sie in den nächsten Tagen in den Kindergarten zu bringen, abzuholen, nach Hause zu bringen, mit ihr zu spielen, sie ins Bett zu bringen. Ich habe dreimal alles Wichtige durchgesprochen, Listen erstellt, Wegbeschreibungen angefertigt, mich tausendmal bedankt. “Ob das klappt?”, überlege ich und hoffe, dass alles gut geht. Aber dann denke ich mir, dass natürlich alles gut geht. Sie ist in besten Händen, bei Leuten, die sie mag, und es sind zwei Nächte, nicht mehr. Morgen fahr ich, Freitagabend bin ich wieder da – das wird schon.

Und jetzt muss ich weiter packen.

Dieser Artikel erschien zum ersten Mal am 25. Januar auf dem DAAD-go-out-Blog.